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Das Wunderwerk oder The RE-Mohammed-TY Show

(Underværket eller The RE-Mohammed-TY Show)
von Christian Lollike
Idee und Dramaturgie: Solveig Gade und Christian Lollike
Text: Christian Lollike

Deutsch von Gabriele Haefs
9 Darsteller (Mehrfachbes. mögl., mind. 4 Darsteller)

UA: 07.04.2005, Odsherred Theater, Nykøbing Sj.
DSE: 22.06.2007, Badisches Staatstheater, Karlsruhe

Wenn die Wirklichkeit ohnehin die Plots der großen Hollywoodproduktionen nur billig plagiiert, warum erhebt man dann nicht tatsächliche Katastrophen zu Kunstwerken mit wechselndem Marktwert?

Im ersten Teil von Das Wunderwerk - The RE-Mohammed-TY Show wird die Theorie dieses Gedanken durchgespielt, im zweiten Teil die Praxis. Der dritte Teil entzieht sich jeder Kategorisierung.

A, B, C und D führen eine zynische Diskussion über das größte Kunstwerk des 21. Jahrhunderts. Echt müsse es sein, an erster Stelle echt, um die Realität zu sprengen und das abgestumpfte Publikum zu erschüttern. A spricht sich für das Wunderwerk DIE ZWEI TÜRME aus, die Terroranschläge vom 11. September, B plädiert für die Hungersnot in der Dritten Welt: NEVERENDING AFRICA. Andere Katastrophen wie der Völkermord in Ruanda oder das Massaker in einer Schule in Beslan fallen als Kunstwerke durch – zu geringes Medieninteresse, kaum vorhandene Identifikation des Publikums, stümperhafte Vermarktung. A-Ds Beitrag zum Kunstwerk DIE FREMDEN: kurze Szenen aus dem "Kanakentheater".

Auch W, X, Y und Z spielen. Sie sind ein Terrorist aus dem American Airlines Flight 11, die Witwe eines New Yorker Feuerwehrmanns, eine geschändete Tutsi, ein Kind aus der Schule in Beslan. Jeder von ihnen ist Teil eines Kunstwerks, das zu groß ist, als dass es sich begreifen ließe. Nur W weiß, was ihm unmittelbar bevorsteht: Erst wird er töten, dann wird er sterben.

M, das dunkle Zentrum des Stücks, hält den Schlussmonolog. M steht für Mohammed. Mohammed Atta.

Das Wunderwerk - The RE-Mohammed-TY Show wurde in Christian Lollikes Heimat Dänemark als Meisterwerk gefeiert und war gleichzeitig Anlass für kontroverse öffentliche Diskussionen. Thematisch hochbrisant, mit schwarzem Humor und sprachlich versiert wirft es ein Schlaglicht auf den Komplex von Kunst, Glauben und Terror. Nicht selten strapaziert Lollike dabei souverän Grenzen des guten Geschmacks und der Political Correctness – um zu verblüffenden und verstörenden Erkenntnissen zum Zustand unserer Zeit zu kommen. Ist der erste Teil seines Stücks ein wildes, bei aller Schonungslosigkeit feinsinniges Gedankenspiel um Kunst und Wirklichkeit, kommt im zweiten Teil am Beispiel vierer Schicksale die Verwundbarkeit und Hilflosigkeit des Menschen im Angesicht des Terrors zum Tragen. Diese Geschichten sind Geschichten des Grauens – und doch stellen sich immer wieder Momente von anrührender Zartheit ein.

Das letzte Wort hat die Angst. Und wie alles, was die Menschheit in ihrer Existenz bedroht, entstammt sie ihrer Mitte.