von Ulrike Freising
1D, 1H
UA: 24.05.2007, Badisches Staatstheater, Karlsruhe
Unter einem fadenscheinigen Vorwand taucht Daniel
bei Paula auf. Sie führt eine psychotherapeutische
Praxis im ersten Stock des Hauses, in dem er mit
seinem Freund Markus wohnt. Zwar kommt er fortan
immer wieder zu ihr, wehrt sich aber mit Händen
und Füßen dagegen, ihr Patient zu sein. Paula
spielt mit. Einmal in der Woche reden sie über Banalitäten
wie defekte Heizungen oder gesunde Ernährung,
ohne Bezahlung, ganz so, als seien sie nicht
mehr als Nachbarn. Ihre Gespräche sind so bizarr
wie der Zustand des Hauses: Ständig geht irgendetwas
kaputt, in den Therapieräumen
ist es entweder überheizt oder eiskalt. Im Keller steht
das Wasser knietief.
Mit der Zeit rücken jedoch Daniels Erlebnisse in
den Vordergrund, vielmehr: sein Mangel an Erlebnissen
– ein möglicher Grund für seine Schwermut.
Nur widerstrebend gibt er etwas von sich preis. Er
hat keinen Job, keine Freunde, Markus verlässt ihn
für eine Weile und zieht wieder bei ihm ein, Daniel
hat Angst vor Kindern, vor den meisten Menschen
und vor der Zukunft sowieso, die Gegenwart ist trist.
Paula, die zur einzigen
Verlässlichkeit in Daniels Leben geworden ist, versucht,
ihn aus der Reserve zu locken.
Im Gegenzug erzählt ihr Daniel Geschichten über
Bewohner aus dem Haus oder Menschen, die man
nachts im angrenzenden Park treffen kann. Er bringt sie dazu,
aus ihrer Routine auszubrechen und sich auf seine
Verrücktheiten einzulassen.
Doch die zunehmende Vertrautheit erträgt Daniel
nur schlecht. Entweder kündigt er an, die Gespräche
mit Paula ganz aufzugeben – eine Drohung, die
er selbstverständlich nie wahr macht. Oder er flieht
kurz vor dem Termin aus der Wohnung und lässt sich von Paula und Markus
in der ganzen Stadt suchen. Nachdem alles so
aussieht, als hätte Paula den Kampf um Daniel fast
verloren, überrascht dieser sie auf einmal mit einer
unerwarteten Nachricht.
Mit feuerlaufen ist Ulrike Freising ein leichtes, lakonisches
Kammerspiel um zwei Menschen gelungen,
die zufällig zum größten Halt im Leben des
jeweils anderen werden. Mit leiser Ironie und einem
sicheren Gespür für Zwischentöne zeigt sie, wie
schwer es sein kann, glücklich zu sein – auch wenn
Glück manchmal nur heißt, im Schlaf betrachtet
zu werden, während orangefarbenes Licht durch
ein Fenster fällt. Ein berührendes Stück über Nähe,
Abstand und Einsamkeit.