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Das Gummiboot

von Georg Lichtenegger

2D, 4H

frei zur UA

"Nun schauen Sie, kommen Sie, das funktioniert nicht mehr." Was genau an diesem surrealen Ort, in dieser kleinen Gemeinde mit fünf Seelen nicht mehr funktioniert, ist nicht ganz eindeutig. Fakt ist: Der Elektriker muss es richten, der hat das schließlich gelernt. Gespannt beobachten alle, wie der Elektriker an einem Kästchen in einem Loch hantiert und so einige Kabel herausreißt. Alle übrigen Anwesenden haben natürlich weise Ratschläge. Jeder kommt einmal zu Wort, nur dem Jungen wird dieses des Öfteren abgeschnitten, obwohl er als einziger den Überblick behält.
So werfen sich die Beamtin und der alte Mann überholte Phrasen zu und fachsimpeln, wo kein Fachwissen ist, während die Junggesellin und der junge Mann Reisepläne schmieden: In die Arktis soll es gehen – doch was, wenn die Arktis während ihres Aufenthaltes schmilzt? Ein Gummiboot haben sie doch gar nicht ...
Mitten hinein in die Reisevorbereitungen platzt der Elektriker mit seiner Diagnose: Das System ist überlastet, einer ist zuviel! Wer soll denn nun gehen? Der alte Mann? Nein, er hat gerade seinen Namen in Claudia Schiffer geändert, um neue Aura in die Gegend zu bringen. Das Paar, das doch sowieso schon Reisepläne hatte? Nein, sie haben inzwischen Hochzeitspläne und außerdem hat die Beamtin gerade erst eine "Anti-Nichts-hat-mehr-Reiz-auf-mich-Pille" für die Junggesellin beantragt. Die Jugend darf man nicht einfach wegschicken und die Beamtin muss alles verwalten. Es scheint keine Lösung zu geben, bis man den glänzenden Einfall hat: Der Elektriker muss weg! Doch wer repariert dann den Schaden am System?

"Ein Bodenständiger der abheben kann", schrieb die Mittelbayerische Zeitung anlässlich der Werkstattinszenierung von Das Gummiboot im Weimarer Gaswerk am 2. November 2012. Georg Lichtenegger gelingt es, Stereotypen schlicht und treffend zu skizzieren, um im nächsten Moment durch komisch-absurde Elemente jede Bodenhaftung aufzugeben. Wie der Elektriker, der im Stück als eigentlicher Drahtzieher fungiert, untersucht Lichtenegger die kaputten Kabel in den menschlichen Beziehungen. Er baut groteske Situationen, in denen die einzelnen Mitglieder der Gruppe darum kämpfen, ihre eigene Existenz im Gesellschaftssystem zu rechtfertigen. Die Regeln und Gebote, die sie in ihrem Mikrokosmos aufstellen, werden ihnen dabei allmählich selbst zum Verhängnis und das Boot gerät ins Wanken.