www.felix-bloch-erben.de

PIDKID.DE

von Nina Ender
Leben-Trilogie I

2D, 3H

UA: 04.10.2013, Theater, Ulm

Moritz meint, seinem kleinen Bruder Mark alles geben zu müssen: Süßigkeiten, seine Weihnachtsgeschenke, die selbstgeschriebenen Raptexte. Und hat doch immer ein schlechtes Gewissen. Immerhin hat Mark, der sich bloß noch Knochenmark nennt, ihm durch eine Knochenmarkspende das Leben gerettet.
Sophie meint, alles wissen zu müssen. Weist ihren Eltern nur Einsen vor und weiß um die medizinische Odyssee, die sie auf sich genommen haben, um sie gesund zur Welt zu bringen. Und doch weiß sie nicht, ob sie ihren Eltern mehr schuldig ist, ihrem schwerbehinderten Bruder, den "Zellgelumpgeschwisterlein", gegen die sie im Achtzellstadium gewann, oder doch Gott.
Moritz lernt Sophie bei pidkid.de, einem sozialen Netzwerk für die Kinder der Präimplanationsdiagnostik (PID) kennen und verliebt sich in sie. "Sophie / Wieso Sophie / Das ist keine Philosophie / Keine ist so wie sie / Sowie ich sie sah / War mir klar / Die oder niemand ...", rappt er für sie. Und kann seinem Bruder vielleicht endlich etwas geben, was ihm so viel wert ist, wie sein Leben. Aber da hat Sophie schon ganz andere Pläne mit den Brüdern ... Ein Battle um Tod oder Leben beginnt.

Nina Ender erhielt für PIDKID.DE das Projektstipendium des Jugendtheaterpreises Baden-Württemberg 2012. Ausgangspunkt ist der Entscheid im Bundestag von 2011, der die Präimplantationsdiagnostik (PID), bei der in vitro gezeugte Embryonen genetisch durchleuchtet werden, im Falle schwerer Erbkrankheiten erlaubt. PIDKID.DE geht der Frage nach den Folgen dieser brisanten Möglichkeit anhand von Kindern nach, deren Existenz – 13 Jahre in der Zukunft – durch diese medizinische Selektion bedingt ist. Was bedeutet das Auserwähltsein für sie und ihre Familien?

Entstanden ist ein Stück mit einem bemerkenswerten sprachlichen Zugriff auf dieses hochaktuelle, existenzielle Thema. Nina Ender gelingt es, mit klugem Humor, lebendiger, pulsierender Sprache und schlagfertigen Dialogen die Welt der jungen Erwachsenen aufzuzeigen, die sich - ob "PIDKID" oder "ganz normal" - alle mit den selben Fragen konfrontiert sehen: Genüge ich in dieser Gesellschaft, so wie ich bin? Was macht mich einzigartig? "Aktueller kann ein Stück nicht sein!", schrieb die Südwest Presse nach der Uraufführung am Theater Ulm.