Aktuelle Nachrichten

Premiere von "Tewje" an der Nationaloper Bukarest
Am 21.03. hat Olivier Truans Ballett Tewje Premiere an der Nationaloper...

UA: "La Grande Dame" von Olivier Garofalo am RLT Neuss
Am 16. März ist die Uraufführung von La Grande Dame am Rheinischen...

"Im weißen Rössl" am Staatstheater Darmstadt
Ab dem 15.03. ist Ralph Benatzky's unterhaltsames Singspiel Im weißen Rössl...

Drei Uraufführungen von Thomas Arzt
In den letzten Wochen wurden drei Stücke von Thomas Arzt uraufgeführt. Am...

Premiere: "La Cage aux Folles" an den Bühnen Bern
Am 09.03. ist die Premiere von La Cage aux Folles in der Regie von Axel...

Premiere: "Wie werde ich reich und glücklich?" am Theater Heilbronn
Am 09.03. feiert Wie werde ich reich und glücklich? von Mischa Spoliansky und...

Jugendtheaterpreis Baden-Württemberg 2024
Der mit 15.000 Euro dotierte Jugendtheaterpreis des Ministeriums für...

Schauspiel: Monologe am Puls der Zeit
Mit klein besetzten Stücken lässt sich schnell und flexibel auf aktuell...

Nominiert für den Heidelberger Stückemarkt 2024: Arad Dabiri mit "DRUCK!"
Arad Dabiri ist mit seinem Stück DRUCK! für den Autor:innenpreis des...

UA: "Die Königinnen" am Landestheater Linz
Am 10.02.2024 feierte Die Königinnen von Thomas Zaufke (Musik) und Henry...

Junges Theater: Monologe für die Bühne und das Klassenzimmer
Im März stellen wir Monologe vor, die sich thematisch und formal sowohl für...

Oscar-Nominierung für "Das Lehrerzimmer" von Ilker Çatak und Johannes Duncker
Am 10. März 2024 werden zum 96. die Academy Awards verliehen. Das...

"Buddeln" von Clara Leinemann gewinnt Kinder- und Jugenddramatiker:innen Preis
Am 25.02.2024 wurden in Duisburg im Rahmen des Festivals "Kaas & Kappes" die...

"Wonderwomb" von Amir Gudarzi beim Festival Shakespeare is dead
Am 15.2. wurde Wonderwomb von Amir Gudarzi in niederländischer Übersetzung...

Rieke Süßkow beim Theatertreffen 2024
Mit ihrer Inszenierung von Werner Schwabs "Übergewicht unwichtig: unform" ist...


Archiv

Aktuelle Stücke
Aktuelle Premieren
Aktuelle Premierenberichte
Bild von Paul ClaudelClaudel, Paul

Charles-Louis Philippe stellt ihn an dichterischer Größe neben Dante, Stefan Zweig sieht in seinen Dramen Seelenzustände von so brennender Glut, dass alles Irdische, Kostüm und Zeit, in ihnen verflackert, und Eugène Ionesco verehrt ihn als den größten Dichter des 20. Jahrhunderts: Paul Claudel (1868 - 1955).

Claudel entstammt dem Bürgertum der Champagne. Nach seiner Schulausbildung in Paris studiert er Jura und Politik. Seine frühen dramatischen Anfänge sind beeinflusst von den Werken Arthur Rimbauds, seine späteren Werke geprägt durch seinen katholischen Glauben – einen sehr weit gefassten Glauben: "Katholisch heißt universal" (Claudel, 1953).

1893 erhält er seinen ersten diplomatischen Posten in New York. Eine Karriere als Botschafter und Konsul u.a. im Fernen Osten, den USA, Lateinamerika und Deutschland schließt sich an.

Seinen ersten Dramenerfolg hat Claudel mit dem Stück Mariä Verkündigung (UA 1912). Mittagswende (1905) zeigt erstmals seine zentrale Thematik, den Konflikt zwischen irdischer Liebe und göttlicher Berufung. Höhepunkt seines Schaffens ist das monumentale Werk Der seidene Schuh oder Das Schlimmste trifft nicht immer zu (UA 1943), ein Gesamtkunstwerk, das die Grenzen des Dramas sprengt.

Die letzten Jahre seines Lebens verbringt Claudel auf dem Schloss Brangues. Dort überarbeitet er frühere Werke und schreibt seine großen Bibelkommentare. 1955 stirbt Claudel im Alter von 86 Jahren in Paris.

Wie aktuell Paul Claudels Werk auf den Theaterbühnen noch immer ist, zeigte sich insbesondere in den letzten Jahren, in denen zahlreiche seiner Theaterstücke wieder aufgeführt wurden: So erhielt Der seidene Schuh am Theater Basel in einer Inszenierung von Stefan Bachmann von Publikum wie Kritik gleichsam positive Resonanz; erstmals war hier das Werk auch in der Neuübersetzung durch den Schweizer Autor Herbert Meier zu sehen. 2004 wurde Claudels Mittagswende an den Münchner Kammerspielen inszeniert; die Produktion wurde zum Berliner Theatertreffen 2005 als eine von zehn herausragenden Inszenierungen eingeladen.

Im Frühjahr 2007 inszeniert Stefan Bachmann am Maxim Gorki Theater Berlin die Claudel Trilogie, erstmals in der Neu-Übersetzung von Herbert Meier.

 

Mittagswende

(Partage de midi)
Drama in drei Akten
Neu-Übersetzung 2003
Neu-Übersetzung von Herbert Meier
Mitarbeit: Yvonne Meier-Haas
1D, 3H
UA: 16.12.1948, Thèâtre de Marigny Paris

Auf einer Schiffsreise nach China begegnen sich vier Menschen: der Sonderling Mesa, auf der Rückkehr zu diplomatischen Diensten nach einem vergeblichen Versuch, in den geistlichen Stand einzutreten; Amalric, Abenteurer und Lebemann; Ysé, die temperamentvolle und lebenshungrige Frau des französischen Geschäftsmannes De Ciz und Mutter von vier Kindern. Die Ehe der beiden ist nicht glücklich, und Amalric, dem sie schon früher einmal begegnet ist, wirbt unverhehlt um sie. Schließlich spielt er sie jedoch Mesa zu, der, bisher nie in Versuchung geführt, Ysé gegen alle Vernunft nicht widerstehen kann. Der Einbruch der Liebe in sein Leben erschüttert Mesa zutiefst. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Beziehung, in der das Anderssein der Partner Bedingung ist für das Einssein und es zugleich ausschließt. Wie sich bewahren, wenn man sich ganz hingibt, wie sich hingeben, wenn man sich bewahren will? Mesas Weg führt von der Verbitterung eines Menschen, der von Gott, den er ganz zu besitzen glaubte, abgewiesen wird, über die leidenschaftlichen Suche nach der Liebe, die sich nicht gedulden will, bis hin zu der Einsicht, dass seine Liebe zu Ysé zu seiner Liebe zu Gott wird und erst im Tod das Unmögliche erreichbar ist.

Um 1900 kehrt Claudel über Palästina aus China nach Frankreich zurück, in der festen Absicht, seine steile diplomatische Laufbahn abzubrechen und Priester zu werden. Sein Ansinnen wird jedoch abgewiesen, er ist zum Ordensstand nicht berufen – ein unerhörter Schlag für den radikalen Gläubigen. Aufgewühlt, zurückgestoßen begegnet er nun auf der Rückreise nach China der Frau, die hinter der zentralen Gestalt der Ysé steht. Sie entfacht in ihm das, was man als "Mystik des Fleisches" bezeichnen könnte: die Fortsetzung einer religiösen Krise in eine erotische, und die gegenseitige Durchdringung der beiden.

Mit Frömmelei hat Mittagswende nichts, mit radikaler Selbstbefragung alles zu tun: drei Männer und eine Frau, die sie alle drei verlässt, um zu zweien doch wieder zurückzukehren, zu einem, um mit ihm zu sterben. In drei Akten schildert Claudel das Geschehen: der erste auf der Überfahrt nach China, im sengenden Mittagslicht, auf der Trennlinie zwischen Afrika und Asien, vier Personen unentrinnbar ineinander verstrickt und gnadenlos ausgesetzt; der zweite auf einem Friedhof in Hongkong, eine Liebesszene von ungeheurer Radikalität; der dritte in einem verbarrikadierten Kolonialhaus in Südchina während des Boxeraufstandes: drei Extrem-, drei Grenzorte, aus denen es kein Entweichen gibt, es sei denn, das in den Tod. Das Religiöse an diesem Stück ist seine anarchische Emotionalität, die Unbedingtheit der bloßgelegten Beziehungen, die wie in einem Experiment vorgeführt werden, aber von einem Autor, der sich nicht aus der Sache heraushalten kann und der sich mit diesem Werk das Leben rettet.