Bild von Karl WittlingerWittlinger, Karl

Am 17. Mai 1922 wird Karl Wittlinger als einziges Kind eines Kunsttischlers in Karlsruhe geboren. Nach seinem Abitur 1940 leistet er seinen Wehrdienst, wird in Afrika eingesetzt, erleidet Kriegsverwundung und französische Gefangenschaft. 1946 beginnt er sein Studium der Germanistik und Anglistik in Freiburg i. Br. und arbeitet zum Broterwerb in verschiedenen Berufen (Heizer, Nachtwächter, Dolmetscher, Hauslehrer). Erste unveröffentlichte schriftstellerische Arbeiten, u.a. fürs Theater, entstehen. 1949 wird er Leiter einer englischsprachigen Studentenbühne und heiratet.

Von 1950 bis 1952 ist Karl Wittlinger Dramaturg und Regieassistent an den Städtischen Bühnen Freiburg. Er entschließt sich 1953, ausschließlich als freier Bühnenautor zu arbeiten. 1956 wird sein Stück Kennen Sie die Milchstraße? an den Städtischen Bühnen Köln uraufgeführt. Das Stück wird ein großer Erfolg, im In- und Ausland vielfach nachgespielt und mit dem Gerhart-Hauptmann-Preis ausgezeichnet. Im Jahr 1962 wird sein Fernseh- spiel Seelenwanderung erstmals vom WDR gesendet und als bestes TV-Spiel des Jahres mit dem Prix Italia und dem Internationalen Preis von Monte Carlo ausgezeichnet. 1968 wird Wittlinger Künstlerischer Beirat des Stadttheaters Konstanz. 1970 zieht er nach Berlin. In den folgenden Jahren entstehen fast ausschließlich Arbeiten fürs Fernsehen, u.a. Fernsehspiele für ZDF und SFB, z. B. "Ein Mann will nach oben" nach Hans Falladas Roman. 1982 übersiedelt er nach Horben bei Freiburg im Breisgau. Am 22. November 1994 stirbt Karl Wittlinger in Lippertsreute.

 

Nit ums verrecke!

Alemannisches Volksstück in vier Akten
Dialektfassung von "Nachruf auf Egon Müller"
2D, 10H
UA: 28.02.1991, Alemannische Bühne Freiburg

Dem Oberlandesgerichtsrat Egon Müller geht es an den Kragen. Gerade sollte er Abgeordneter werden, da erscheint Gevatter Tod und holt ihn zu sich. Er bleibt auf dieser Welt, als Verkörperung dessen, was ihn zeitlebens am meisten interessierte – Geld. In seinem Fall heißt das: Verwandlung in ein Fünfmarkstück. Da er aber "nit ums Verrecke!" sterben will, erhält er noch eine Chance: Er darf als Egon Müller weiterleben, wenn ihn seine Frau noch will. Diese ist jedoch heilfroh, dass sie ihn los ist. Nun ist Egon Müller "überfällig". In simulierten Szenen lässt der Tod Müllers bisherige Schandtaten Revue passieren, die Abberufung bewahrt ihn davor, zum Schwerkriminellen zu werden. Egon Müller war drauf und dran, einem Prozess vorzusitzen, der seinen Freund, den Unternehmer Meier-Schloth, von einem tödlichen Unfall und Fahrerflucht freisprechen sollte, manipulierte Zeugenaussage und Mord durch unterlassene Hilfestellung inklusive.

Ohne Rücksicht auf Titel und Würden wird in diesem Stück die Doppelmoral der "Stützen der Gesellschaft" beleuchtet, wird auf bissige Art gezeigt, wie sich hinter der bürgerlichen Wohlanständigkeit Korruption und Heuchelei verbergen. Die Komik des Stücks lebt von den Dialogen der beiden so ungleichen Hauptakteure.