28.03.2024
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Meier, Herbert |
Herbert Meier wurde am 29. August 1928 in Solothurn geboren.
Schon während seiner Schulzeit begann er, Gedichte und kleine Stücke zu
verfassen. Er studierte Literaturwissenschaft, Geschichte, Philosophie
und Kunstgeschichte in Basel, Wien, Paris und Fribourg und schloss sein
Studium mit einer Dissertation über die Dramen Ernst Barlachs ab.
Danach absolvierte er eine Ausbildung als Schauspieler bei Ernst
Ginsberg. Er arbeitete als Lektor in Paris und Poitiers und war als
Dramaturg und Schauspieler am Städtebundtheater Biel/Solothurn tätig.
Von 1977 bis 1982 war er Chefdramaturg des Schauspielhauses in Zürich. An
den Universitäten St. Gallen und Zürich hielt er Vorlesungen über
Dramaturgie und wurde 1986 als "Writer in residence" an die University
of Southern California in Los Angeles berufen. Von 1994 bis 1998
moderierte er die Sendung "Sternstunde Philosophie" im Schweizer
Fernsehen. Seit 1955 lebte er als freier Schriftsteller und Übersetzer
in Zürich. Herbert Meier starb 2018 kurz nach seinem 90. Geburtstag.
Meier war ein Virtuose der Sprache. Seine Wortwahl war stets knapp,
präzise, niemals redundant, und dennoch von enormer Vielschichtigkeit.
Er hielt spielerisch die Balance zwischen einer poetischen, geprägten
Sprache und dem gesprochenen, "heutigen" Wort. Seine Figuren ließ er
zuweilen eigene Worte erfinden, die tiefe Einsicht in das menschliche
Gefühlsleben verraten. Häufig dienten ihm historische Stoffe und
Personen als Vorlage, bei denen es ihm aber niemals um die historisch
getreue Darstellung ging. Sie wurden quasi losgelöst von Zeit und Raum
auf das Parabelhafte, Exemplarische ihrer Existenz verdichtet. Die
Hauptpersonen seines dramatischen Werks sind Suchende, getrieben von
ihrer Sehnsucht nach erfülltem Leben, maßlos in ihrer Forderung nach
dem Absoluten: nach der bedingungslosen Liebe, nach der Freiheit zur
Selbstbestimmung. Hinter all dem wird ein tief verwurzelter Humanismus
spürbar, der diesen Suchenden, Verzweifelten selbst noch in ihrem
Scheitern recht gibt.
Die reiche Theatererfahrung Meiers und seine dramatische Intuition
machten ihn auch zu einem gefragten Übersetzer moderner wie klassischer
Stücke der Weltliteratur. Gemeinsam mit seiner Frau, der Romanistin Yvonne Meier-Haas, hat er Werke von William Shakespeare, Ben Jonson, Euripides, Molière, Carlo Goldoni, Racine, Pirandello, Paul Claudel, Jean Giraudoux, Jacques Audiberti, Georges Schéhadé und Federico García Lorca übersetzt. Zuletzt hatte seine Neuübersetzung von Paul Claudels Der seidene Schuh oder Das Schlimmste trifft nicht immer zu,
die ihre Erstaufführung im März 2003 am Basler Theater erlebte und
nachfolgend im Rahmen der Ruhrtriennale in Duisburg inszeniert wurde,
für großes Aufsehen gesorgt.
Herbert Meier erhielt u.a. 1955 den Literaturpreis der Freien
Hansestadt Bremen, 1957 den Kunstpreis des Lions Club Basel, den Preis
der Schweizerischen Schillerstiftung (1964), den
Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis (1964), den Welti-Preis für das Drama
(1970), den Solothurner Kunstpreis (1975), den Förderpreis der
Gottfried-Keller-Stiftung (1976) und den Schillerpreis der Zürcher
Kantonalbank (1997).
Weitere Informationen zu den Übersetzungen von Herbert Meier finden Sie in unserem Special: "Jedes Wort begriffen und durchdacht": Herbert Meier, Übersetzer
Ein Gesellschaftsstück
4D, 12H
UA: 14.09.2007, Das Meininger Theater (Südthüringisches Staatstheater) Meiningen
Auf Anouks Geburtstagsfest, das ihr Mann Carsten für sie ausrichtet, erscheint eine rätselhafte Frau. Elisabeth heißt sie und Schauspielerin sei sie, glauben einige. Anouk erinnert sich, Elisabeth, die im nahen Schlosshotel auf Urlaub ist, vor Jahren in Paris begegnet zu sein. Das Fest wird durch den Auftritt von Pimm, einen Obdachlosen, gestört. Früher war er mit Carsten befreundet, bevor dieser Karriere in der Pharmaindustrie machte und der andere seinen gesellschaftlichen Absturz erlebte. Elisabeth zeigt Sympathie für Pimm und erweckt Anouks Neugierde. Mit seinem Glauben an einen Einfluss der Toten auf unser Leben fasziniert er sie. Auch Elisabeth glaubt, dass wir zu wenig wissen, wie vergangenes Leben in uns fortwirkt. Carsten wird auf einer Geschäftsreise das Opfer eines Flugzeugabsturzes. Sein Tod stürzt Anouk aus ihrer Welt des Wohllebens in eine tiefe Verzweiflung. Die Liebe zu Carsten, die ihr Leben erfüllte, soll zu einer Liebe des Teilens werden. Anouk lädt daraufhin Pimms Freunde, lauter Randständige, zu einem Festessen in ihre Villa ein und schenkt ihnen Aktien. Ihre Barmherzigkeit stößt nicht überall auf Gegenliebe; das Fest wird zum Skandal. Carstens Verwandtschaft will Anouk psychiatrisch internieren oder zumindest entmündigen lassen. Daraufhin erklärt Anouk, sie gehe außer Landes, um so ihre Umgebung von dem gesellschaftlichen Makel, den sie verursacht habe, zu befreien. Mit einer hohen Summe lässt sie sich freikaufen. Mit dem Kind eines drogensüchtigen Paares kehrt sie in die Provence, ihre Heimat, zurück, um dort eine neue Aufgabe zu finden.
Herbert Meier hat Der Freikauf im Auftrag des Meininger Theaters geschrieben, das dort im Rahmen der 800. Wiederkehr der Geburt Elisabeths von Thüringen unter dem Titel "Elisabeth. Der Freikauf" uraufgeführt wird. Er benutzt Grundmuster des Lebens und der Legende der heiligen Elisabeth und überträgt sie in die Welt der modernen Gesellschaft.