www.felix-bloch-erben.de

Der Mörder

von Curt Goetz
Eine ärgerliche Begebenheit

1D, 5H, (ggf. 3H)

"Es hatte sich in jener Gegend ein großer Schadhirsch gezeigt, ein so genannter Mörder, der alle anderen Hirsche zu Tode forkelte und deren Frauen in Besitz nahm."

Diese Geschichte erzählt der unheimliche Apotheker, der in der Ehrverteidigung der jungen Isabella auf ihrem Jagdhaus beide Beine ließ. Es ist Nacht, draußen tobt ein Gewitter, und die Dame des Hauses ist in heller Aufregung, weil ihr Gatte nebst Jagdgast noch nicht heimgekehrt ist. Unnötig zu erwähnen, dass Isabella in einen heißen Flirt mit dem Gast verstrickt ist. Wie der Apotheker ihr allerdings von geheimnisvollen Jagdunfällen berichtet, bei denen die Herren 'zufällig' ihre Nebenbuhler erschossen, und der Hausherr zu allem Überfluss auch noch alleine heimkehrt, ist es um die Contenance der (im Geiste) Untreuen geschehen. Nach einem hitzigen Dialog um den Verlauf der Jagd und den Verbleib des Galans gesteht die Frau ihre unkeuschen Gedanken, die Polizei taucht auf, sie fleht ihren Mann um Vergebung an – und das finstere, gruselige Spiel entpuppt sich als Sturm im Wasserglas: Der Jagdgast erscheint mit der geschossenen Ente, die ihm ins Gesicht purzelte, als er vom Baum fiel, und der Gendarm wollte nichts als einen Zentner Kartoffeln.

In Der Mörder spielt Goetz virtuos mit falschen Erwartungshaltungen. Er baut das Szenario eines Gruselkabinetts, bedient sich der Versatzstücke des Psychothrillers, und findet im Finale zu boulevaresker Leichtigkeit.